Wo und wann bekommen wir neue S-Bahn-Strecken?
Während bei der U-Bahn nach Vollendung der U5-Verlängerung zum Hauptbahnhof 2020 erst einmal Stillstand angesagt ist, sind bei der S-Bahn gleich mehrere Projekte in Bau, Planung oder Vorbereitung. Einige weitere werden immer mal wieder diskutiert. All diese wollen wir hier einmal auflisten.
Es gibt jedoch einen großen Unterschied zu unserer Übersicht über mögliche U-Bahn-Ausbauten. Bei der S-Bahn plant man eher in Strecken als in Linien. Während es bei der U-Bahn die Ausnahme ist, dass auf einer Strecke mehrere Linien fahren, ist dies bei der S-Bahn die Regel. So fahren zwischen dem West- und Ostkreuz die Linien S3, S5, S7 und S9, im Nord-Süd-Tunnel die S1 und S2 (inkl. ihrer Ergänzer S25/S26) und auf der Ringbahn mit der S41/42, S45, S46, S47, S8 und S85 gleich sechs Linien.
Ein weiterer Unterschied ist, dass auch mehr als 75 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg bis heute nicht alle Vorkriegsstrecken wieder aufgebaut wurden. Andere Strecken sind seitdem eingleisig, sodass ein 10-Minuten-Takt (oder dichter) nicht möglich. Bei vielen der folgenden Vorschläge handelt es sich also um Reaktivierungen und keine komplett neuen Strecken. Und auch manche Idee kam schon vor über 8o Jahren einmal auf…
In der folgenden Übersicht versehen wir die Strecken also mit ihrem historischen oder möglichen neuen Namen.
Folgende Wahrscheinlichkeitsstufen haben wir gewählt:
Die Strecke ist bereits im Bau und soll in den nächsten 5 Jahren in Betrieb gehen
Die Planung ist abgeschlossen oder weit fortgeschritten und die Fertigstellung innerhalb von 10 Jahren geplant
Die Strecke wird ernsthaft diskutiert, in 5-10 Jahren könnte Baustart sein
Es gibt eine konkrete Idee, die Umsetzung ist aber frühestens in 10 Jahren realistisch
Ferner Zukunftstraum für in 25-50 Jahren
Die Strecke gilt als vollendet. Mögliche Verlängerung nur durch Regionalbahn oder in mehr als 50 Jahren möglich
Wedding/Westhafen – Hauptbahnhof (S21 / S6 / S85)
1992, nur zwei Jahre nach der Wiedervereinigung, kam die Idee auf, Berlin erstmals durch einem zentralen Hauptbahnhof anzubinden. Mitten im Zentrum gab es durch den Abbau der Sperranlagen mehr als genug Platz. Nach Osten und Westen fuhr hier bereits die S-Bahn, die Nord-Süd-Strecke befindet sich aber erst eine Station weiter unter der Friedrichstraße. Also wurde schon mit der Planung des Hauptbahnhofes auch eine weitere Nord-Süd-Strecke für die S-Bahn geplant. Aufgrund ihrer Kosten war diese Strecke jedoch von Anfang an umstritten. Erst 1999 hat sich die Stadt zur Strecke bekannt. Die Bahn wollte sie zusammen mit dem Hauptbahnhof 2005, also rechtzeitig vor der Fußball-WM 2006, in Betrieb nehmen. Der Hauptbahnhof ging letztlich im Mai 2006, also nur knapp vor dem WM, ans Netz, und auch nur, weil man ihn eigentlich nicht zu Ende gebaut hat, sondern das Dach eingekürzt hat.
2007 hat die Bahn die Verzögerungen eingestanden (also zwei Jahre nach dem ursprünglichen Termin). 2011 gab es einen neuen „ersten Spatenstich“ für den neuen S-Bahnhof am Hauptbahnhof. Diesen hat man jedoch so sehr vergeigt, dass jetzt ein provisorischer Bahnhof nördlich des Hauptbahnhofes entsteht, um so in Ruhe den entstandenen Schaden zu beseitigen. Ebenfalls unverständlich ist, warum auf halber Strecke an der Perleberger Brücke zunächst kein Bahnhof plant, sondern nur vorbereitet wurde. Zeit gab es ja mehr als genug. Immerhin ist etwas Bewegung in die Sache gekommen, und es scheint inzwischen so, dass dieser Bahnhof doch gebaut wird. Für den provisorischen Halt am Hauptbahnhof, also die Eröffnung der Strecke, hieß es zuletzt im Februar 2020: Eröffnung Sommer 2021! Für den „richtigen“ Bahnhof unter dem Hauptbahnhof rechnet man mit 2026. Für die Perleberger Brücke sehen wir das ähnlich.
Mögliche Linien:
S15: Hauptbahnhof – Wedding – Gesundbrunnen – Bornholmer Straße – Frohnau
S21: Jungfernheide – Westhafen – Hauptbahnhof – Wedding – Gesundbrunen
S6: Hauptbahnhof – Westhafen – Jungfernheide – Siemensstadt – Gartenfeld
S85: Hauptbahnhof – Wedding – Gesindbrunnen – Schönhauser Allee -Ostkreuz – Grünau
Jungfernheide – Siemensstadt – Gartenfeld – Hakenfelde
Gar keine neue Idee ist diese Strecke von der Jungfernheide nach Siemensstadt. Schließlich gab es diese Strecke bis 1980 bereits, jedoch wurde sie aufgegeben, als nur wenige hundert Meter weiter die U7 eröffnete, die das Gebiet nicht nur in Richtung City anbindet, sondern auch nach Spandau im Westen.
Die Idee sieht vor, die Strecke nicht nur zu reaktivieren, sondern sogar um zwei Stationen nach Hakenfelde zu verlängern. Die größte Schwierigkeit ist hierbei die Über- oder Unterquerung der Havel, daher sehe ich für diesen komplett neuen Abschnitt einen Zeithorizont von 10-25 Jahren. Der einfacher zu realisierende Abschnittt bis Gartenfeld könnte aber bereits in weniger als 10 Jahren am Netz sein.