15. März 2021

Wie viele U-Bahnhöfe liegen wirklich unterirdisch?

Von Steffen Lehmann

Das „U“ in „U-Bahn“ steht bekanntlich für „Untergrund“. Bekannt ist aber auch, dass es einige Hochbahn-Abschnitte in Kreuzberg, Prenzlauer Berg und Schöneberg gibt. Und auch die U3 und U5 haben an ihren Enden längere Abschnitte in offener Bauweise. Daher fragen sich einige, wie hoch denn nun der Tunnelanteil bei der U-Bahn wirklich ist, und ob sie diesen Namen überhaupt verdient.

Diese auf den ersten Blick einfache Frage ist gar nicht so leicht zu beantworten. Doch fangen wir mit dem einfachen Teil an. Wir schauen uns also die Berliner U-Bahnlinien an, und wie viele ihrer Stationen im Tunnel liegen:

Berechnung ohne den 2021 eröffnenden Bahnhof Museumsinsel. Mit ihm hätte die U5 einen Tunnelbahnhof mehr und käme auf 65,38% Tunnelanteil.

Vier Linien fahren also komplett unten, während U1 und U3 weniger als die Hälfte ihrer Stationen im Tunnel haben. Die U7 ist mit ihren 32 Kilometern dabei die mit Abstand längste Tunnellinie und galt in den 1980ern sogar als längster Tunnel der Welt. Den längsten durchgehenden oberirdischen Abschnitt dagegen hat die U5 ab dem Bahnhof Kaulsdorf Nord, und die U3 bekommt mit 10,7 km insgesamt das meiste Tageslicht ab.

So weit so gut? Fast. Denn diese einfache Rechnung hat ein Problem: Sie ist nur für jede Linie für sich korrekt. Denn Berlin hat insgesamt keine 207 U-Bahnhöfe, sondern „nur“ 174. Zum einen teilen sich die U1 und U3 ihren kompletten Kreuzberger Abschnitt, und auch die anderen Linien kreuzen sich teils mehrfach. Aber mit den 174 Bahnhöfen können wir hier auch nicht rechnen. Denn was ist mit Bahnhöfen wie Kottbusser Tor, wo die U8 im Tunnel hält, die U1/U3 aber aufgeständert oben? Diese müssen also sowohl als unter- wie oberirdisch mitzählen. Deshalb habe ich die Zählung nochmal angepasst, und die gemeinsamen Bahnhöfe abgezogen. Dabei gelten diese Kriterien:

  1. Als gemeinsam gilt, wenn die Linien sich eine Strecke teilen. Dies ist nur bei U1 und U3 der Fall. Daher reduziert sich die Anzahl der eigenen U3-Bahnhöfe von 24 auf 13, davon 7 im Tunnel. Den „Zuschlag“ erhält jeweils die Linie mit der niedrigeren Nummer, deshalb behält die U1 ihre 13 Bahnhöfe für sich.
  2. Die Linien teilen sich eine Halle. Mehrere Linien halten also direkt neben- oder übereinander. Bahnhof Mehringdamm zählt also nur für die U6 und nicht noch einmal für die U7, den Hermannplatz bekommt die U7 aber nicht auch die U8.
  3. Liegen die Bahnhöfe klar baulich getrennt, zählen sie für jede Linie einzeln. So die U2-, U5- und U8- Bahnsteige am Alexanderplatz oder die durch einen recht langen Tunnel getrennten Bahnsteige der U2 und U6 am Bahnhof Stadtmitte.

Mit diesen Anpassungen kommen wir also auf 182 eigenständige Bahnhöfe, von denen 149 im Tunnel liegen. das sind 81.87%. Schauen wir ein paar Monate in die Zukunft und rechnen den neuen Bahnhof Museumsinsel mit ein, der auch eigenständig im Tunnel liegen wird, kommen wir auf leicht höhere 81,97%.

Und was ist mit der S-Bahn?

Also gut, für die Nerds rechnen wir auch die S-Bahn mit ein. Diese hat in Berlin 133 Bahnhöfe, wovon 6 im Tunnel liegen. Im Bahnhof Friedrichstraße halten die Züge aber sowohl oben als auch unten, also zählt dieser für die Berechnung doppelt, analog zu dem, was wir bei der U-Bahn getan haben. Damit kommen wir also auf 134 eigenständige Bahnhöfe und einen Tunnelanteil von 4,48%. Bäm.

Auch bei der S-Bahn ist ein neuer Bahnhof im Bau: Der neue unterirdische S-Bahnhof am Hauptbahnhof soll 2022 ans Netz gehen und den Tunnelanteil auf 5,19% erhöhen.

In Brandenburg ist die Sache noch übersichtlicher: Von den 35 S-Bahnhöfen in der C-Zone liegt nur einer unterirdisch: Der am Flughafen. Damit liegen nur 2,86% der Brandenburger S-Bahnhöfe im Tunnel. Rechnen wir Berlin und Brandenburg zusammen, hat die S-Bahn einen Tunnelanteil von 4,14 % bzw. 4,71% mit dem neuen S Hauptbahnhof.

Das ganze jetzt mit der U-Bahn zu kombinieren, ist auch recht einfach. Denn es gibt nur einen wirklichen gemeinsamen S- und U-Bahnhof Berlins, den wir beachten müssen: Den Bahnhof Wuhletal. Damit kommen wir auf 315 S+U-Bahnhöfe im Stadtgebiet, davon 155 oder 49,21% im Tunnel. Zählen wir die Brandenburger S-Bahnhöfe mit, kommen wir auf 350 Bahnhöfe, davon 156 bzw. 44,57% im Tunnel.

Das waren aber immer noch nicht alle, oder?

Boah. Also gut, ich zünde die letzte Eskalationsstufe und rechne für alle die jetzt noch weiterlesen noch die Regios mit ein. Es gibt 21 Regionalbahnhöfe im Stadtgebiet, davon nur 2 (Hauptbahnhof und Potsdamer Platz) im Tunnel. Tunnelanteil 9,52%. Im C-Bereich kommen stolze 66 weitere dazu, nur der am Flughafen im Tunnel, also 1,52 %.

In Berlin gibt es nur zwei reine Regionalbahnhöfe, Albrechtshof und Staaken. Alle anderen werden bereits von der S-Bahn bedient. Zusätzlich zähle ich jedoch Hauptbahnhof (tief) und Potsdamer Platz als eigenständige Regionalbahnhöfe, da sie baulich deutlich von den jeweiligen S-Bahnhöfen getrennt sind. Macht also 4 eigenständige Regionalbahnhöfe, davon 2 im Tunnel. Dass das 50% sind, weißt du hoffentlich selbst. In der C-Zone sind es 55 weitere Bahnhöfe, die nicht bereits von der S-Bahn bedient werden. Keiner davon im Tunnel. Im gesamten Berliner ABC-Netz liegen damit von 87 Regionalbahnhöfen 3 bzw. 3,45% im Tunnel.

Die Endabrechnung

Von allen Bahnhöfen auf dem Liniennetzplan liegen in Berlin (Zone AB) von 319 eigenständigen Bahnhöfen 157 oder 49,22% im Tunnel.

In Brandenburg, also Zone C, ist es nur einer von 90, also 1,11%.

Insgesamt liegen in der Berliner ABC-Zone von 409 eigenständigen Bahnhöfen 158 oder 38,63% im Tunnel.
Durch die die zwei im Bau befindlichen Bahnhöfe erhöht sich der Anteil leicht zunächst auf 38,78 (2021) und dann 38,93% (2022).

Und was habt ihr jetzt davon? Das müsst ihr selber wissen.